Innere Hebriden

Logbucheintrag Nr. 007.

Bei strahlendem Sonnenschein und kräftigem Südwestwind nutzen wir am Dienstagnachmittag die Gunst der Stunde, Little Minch zu überqueren und zu den Inneren Hebriden zu laufen. Bei neun bis elf Knoten Fahrt rauschen wir über den mit white horses gespickten gute fünfzig Meilen breiten Streifen Wasser. Vergessen ist der Eindruck von Barra vom Vortag, als dichter Nebel alle Versuche, einen positiven Eindruck zu gewinnen, in dicker Watte erstickt hat. Heute strahlen Barra und die nördlich gelagerten Inseln Eriskay und South Uist sowie die südlichen Inseln Vatersay, Bernerary und Sandray vor dem blauen Himmel und einigen weißen Wolken am Horizont.

Die königliche Jacht liegt in Sichtweite vor dem Lieblingsstrand der Königin auf Sandray. Chris hatte uns bereits berichtet, dass die große Motorjacht, die so wenig zu dem Fischerhafen Stornoway auf Lewis gepasst hatte und uns sogleich merkwürdig aufgefallen war, in der Tat von der königlichen Familie gechartert worden war. Nach Aufgabe der HMS Britannia, die als Museumsschiff in Edinburgh liegend mittlerweile wohl mehr Geld durch Touristen einbringt als sie jemals gekostet hat, müssen die Windsors auf Charterjachten umsteigen. Eben diese liegt nun im Dienst liegend – und ohne AIS angeschaltet zu haben –  vor Sandray.

Die Fahrt zur grünen Insel Mull gestaltet sich überaus angenehm. Trotz Atlantikdünung, die uns mit dem kräftigen Wind zusammen durchschüttelt, machen wir gute Fahrt – die Henryke läuft auf raumen Kursen exzellent und es macht viel Spaß, mit ihr zu segeln. Das 50-Seemeilen-Etmal des Tages schaffen wir in etwas über sechs Stunden und um halb neun liegen wir fest an einer Mooring direkt neben dem Lifeboat der Coast Guard in Tobermory. Den Einlaufdrink haben wir uns nach diesem wunderbaren Segeltag redlich verdient.

Tobermory entpuppt sich am folgenden Mittwoch als ein veritables Städtchen, dessen bunte Häuserfassaden an der Wasserseite in der klaren Morgensonne in kräftigen, warmen Farben leuchten. Ganz anders als der Blick durch den trüben Sprühregen des Vorabends, der diese Farbenpracht nur in Ansätzen vermuten ließ. Die saftigen grünen und steil ansteigenden Hügel der in nach Osten, Süden und Westen geschützten und von Bäumen gesäumten Bucht machen sie zu einer der schönsten Ankerbuchten dieser Fahrt und lassen sie auch im großen und intergenerationellen Vergleich, der beim abendlichen Drink bemüht wird, bestehen.

Auch einkäuferisch und kulinarisch weiß Tobermory mehr zu bieten als die auf Inseltourismus ausgerichtete Küstenpromenade vermuten lässt. Abends wird uns ein wunderbarer Haddock in McCrachon’s Bar am Hafen kredenzt und tagsüber schafften wir es mit einigen Bemühungen und zweier Spaziergänge in die Oberstadt alle für den Einbau von Generator und Watermaker noch fehlenden Teile zu besorgen. Meno und Hermy verbrachten den Nachmittag durch das Bimini vor dem gröbsten Regen geschützt tief unten in der achteren Steuerbordbackskiste. Endlich war der langwieirige Einbau von Erfolg gekrönt! Umso schöner, sich für den Abendausklang ein so schönes Plätzchen ausgesucht zu haben, wie die Nordküste der Isle of Mull und Tobermory im besonderen. Da ließ es sich auch verschmerzen, dass die lokalle Destille wegen Renovierungsarbeiten keine Führungen anbieten konnte, sondern uns nur mit Ledraig, dem hauseigenen torfigem und selbst für unseren Geschmack ruppigen Zehnjährigem entschädigen konnte. Zur Steigerung des Whiskygenusses gab es noch drei neue Glencairn-Gläser, die sich seither großer Beliebtheit erfreuen. Eine seglerische Whiskyreise durch die Inselwelt der Hebriden. Zur Abrundung fehlt nur der Besuch einer Destille!

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